"Geiz ist Geil" oder nicht?
Verfasst: 12.05.2007, 13:30
Ich habe einen schönen Artikel gefunden,
nehmt euch mal die 5 min zum lesen! Das ist interresannt
"Geiz ist geil"
Die Verbraucher in Deutschland werden von morgens bis abends mit
aggressiver Werbung beschallt. Von überall locken Sonderangebote,
Tiefstpreise lassen das Verbraucherherz höher schlagen.
Aber die Billigangebote haben eine bittere Kehrseite.
Im deutschen Einzelhandel tobt ein aggressiver Verdrängungswettbewerb,
der durch Werbekampagnen wie "Geiz ist geil" massiv angeheizt wird.
Der ruinöse Wettbewerb findet vor allem im Endkundengeschäft statt und
bedroht viele mittelständische Fachhändler. Aber er wirkt sich auch auf die
vorgelagerten Branchen (Industrie und Großhandel) aus.
Die enorme Nachfragemacht einzelner Handelsriesen führt dazu,
dass Lieferanten unter Druck gesetzt werden, ihre Preise massiv zu
senken.
Rabattschlachten, Insolvenzen und Qualitätseinbußen sind die Folgen.
Es wird "billig" eingekauft und produziert, "Gammelfleisch" ist nur die
Spitze eines riesigen Eisberges.
Eine weitere Kehrseite der "superbilligen" Produkte sind oftmals
miserable Arbeitsbedingungen und Hungerlöhne in der Produktion:
Kinderarbeit in der 3. Welt oder brutale Ausbeutung in der Obst-
und Gemüseherstellung und -ernte in einigen südeuropäischen Ländern
seien dafür als Beispiele genannt.
Konkurrenz auf dem Rücken der Beschäftigten
Der eigentliche Verlierer ist das Personal. Tiefpreise sind nicht das Ziel
der Handelsunternehmen, sondern nur ein Mittel im Verdrängungskampf.
Um möglichst viel Profit zu erwirtschaften, wird massiv an der
Personalkostenschraube gedreht: Allein in den letzten drei Jahren sind im
Einzelhandel über 180.000 Vollzeitarbeitsplätze vernichtet worden.
Rund ein Viertel der Arbeitnehmer/-innen sind geringfügig Beschäftigte.
Niedrige Löhne und Gehälter, oftmals an der Armutsgrenze, ungünstige,
oftmals frauenfeindliche Arbeitszeiten, zunehmender Leistungsdruck und
immer weniger Zeit für Kundenberatung. So sieht aus Arbeitnehmersicht
die Realität aus. Tiefstpreisen auf der einen Seite entsprechen
Sozialdumping und damit existenzielle Sorgen beim Verkaufspersonal und
bei den Kassiererinnen/Kassierern.
Kunden zahlen letztendlich drauf!
Für die Verbraucher bietet sich zwar auf den ersten Blick eine verlockende
Perspektive.
Je mehr Läden aber verschwinden, desto weitmaschiger wird das
Versorgungsnetz, desto länger werden die Wege. Je weniger qualifiziertes
Verkaufspersonal da ist, desto weniger Service wird geboten! Je mehr
sich die großen Konzerne durchsetzen und den Markt beherrschen, desto
größer wird auch die Gefahr, dass der Wettbewerb auf mittlere Sicht
eingeschränkt wird. "Saubillig" kann also die Verbraucher auf Dauer teuer
zu stehen kommen!
"Geiz ist zerstörerisch"
Der Slogan "Geiz ist geil" spiegelt nach Meinung vieler einen ungesunden
Zeitgeist wider und passt in die Zeit einer verstärkten wirtschaftlichen,
sozialen und privaten Ellenbogenmentalität. Der Präses der Rheinischen
Kirche, Nikolaus Schneider, kritisiert: "Geiz ist zerstörerisch. Geiz gönnt
sich nichts, gönnt anderen nichts, Geiz tut einem selber nicht gut, weil er
einsam macht. Ausbeutung ist auch eine Form von Geiz, weil ich über die
Maßen für mich haben will und dem anderen über die Maßen nichts gönne"
(Rheinische Post vom 13. Januar 2007).
Mit Geiz-Kampagnen wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt und beschleunigt:
* Niedrigere Verbraucherpreise werden über Einsparungen beim Personal "bezahlt".
* Der Bevölkerung fehlt es wegen der niedrigen Entlohnung an Kaufkraft.
* Das führt wiederum dazu, dass viele Menschen Billigprodukte kaufen (müssen).
* Damit steigt der Marktanteil der Billiganbieter weiter an - der Druck auf die anderen, beratungsorientierten Konkurrenten wird größer.
* Dies führt zu weiteren Kürzungen beim Personal. Der Kreislauf schließt sich.
Geiz ist also alles andere als geil!
Dr. Jürgen Glaubitz
(Abteilungsleiter Wirtschafts- und Strukturpolitik, ver.di-Landesbezirk NRW)
Redaktioneller Stand: Februar 2007
nehmt euch mal die 5 min zum lesen! Das ist interresannt
"Geiz ist geil"
Die Verbraucher in Deutschland werden von morgens bis abends mit
aggressiver Werbung beschallt. Von überall locken Sonderangebote,
Tiefstpreise lassen das Verbraucherherz höher schlagen.
Aber die Billigangebote haben eine bittere Kehrseite.
Im deutschen Einzelhandel tobt ein aggressiver Verdrängungswettbewerb,
der durch Werbekampagnen wie "Geiz ist geil" massiv angeheizt wird.
Der ruinöse Wettbewerb findet vor allem im Endkundengeschäft statt und
bedroht viele mittelständische Fachhändler. Aber er wirkt sich auch auf die
vorgelagerten Branchen (Industrie und Großhandel) aus.
Die enorme Nachfragemacht einzelner Handelsriesen führt dazu,
dass Lieferanten unter Druck gesetzt werden, ihre Preise massiv zu
senken.
Rabattschlachten, Insolvenzen und Qualitätseinbußen sind die Folgen.
Es wird "billig" eingekauft und produziert, "Gammelfleisch" ist nur die
Spitze eines riesigen Eisberges.
Eine weitere Kehrseite der "superbilligen" Produkte sind oftmals
miserable Arbeitsbedingungen und Hungerlöhne in der Produktion:
Kinderarbeit in der 3. Welt oder brutale Ausbeutung in der Obst-
und Gemüseherstellung und -ernte in einigen südeuropäischen Ländern
seien dafür als Beispiele genannt.
Konkurrenz auf dem Rücken der Beschäftigten
Der eigentliche Verlierer ist das Personal. Tiefpreise sind nicht das Ziel
der Handelsunternehmen, sondern nur ein Mittel im Verdrängungskampf.
Um möglichst viel Profit zu erwirtschaften, wird massiv an der
Personalkostenschraube gedreht: Allein in den letzten drei Jahren sind im
Einzelhandel über 180.000 Vollzeitarbeitsplätze vernichtet worden.
Rund ein Viertel der Arbeitnehmer/-innen sind geringfügig Beschäftigte.
Niedrige Löhne und Gehälter, oftmals an der Armutsgrenze, ungünstige,
oftmals frauenfeindliche Arbeitszeiten, zunehmender Leistungsdruck und
immer weniger Zeit für Kundenberatung. So sieht aus Arbeitnehmersicht
die Realität aus. Tiefstpreisen auf der einen Seite entsprechen
Sozialdumping und damit existenzielle Sorgen beim Verkaufspersonal und
bei den Kassiererinnen/Kassierern.
Kunden zahlen letztendlich drauf!
Für die Verbraucher bietet sich zwar auf den ersten Blick eine verlockende
Perspektive.
Je mehr Läden aber verschwinden, desto weitmaschiger wird das
Versorgungsnetz, desto länger werden die Wege. Je weniger qualifiziertes
Verkaufspersonal da ist, desto weniger Service wird geboten! Je mehr
sich die großen Konzerne durchsetzen und den Markt beherrschen, desto
größer wird auch die Gefahr, dass der Wettbewerb auf mittlere Sicht
eingeschränkt wird. "Saubillig" kann also die Verbraucher auf Dauer teuer
zu stehen kommen!
"Geiz ist zerstörerisch"
Der Slogan "Geiz ist geil" spiegelt nach Meinung vieler einen ungesunden
Zeitgeist wider und passt in die Zeit einer verstärkten wirtschaftlichen,
sozialen und privaten Ellenbogenmentalität. Der Präses der Rheinischen
Kirche, Nikolaus Schneider, kritisiert: "Geiz ist zerstörerisch. Geiz gönnt
sich nichts, gönnt anderen nichts, Geiz tut einem selber nicht gut, weil er
einsam macht. Ausbeutung ist auch eine Form von Geiz, weil ich über die
Maßen für mich haben will und dem anderen über die Maßen nichts gönne"
(Rheinische Post vom 13. Januar 2007).
Mit Geiz-Kampagnen wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt und beschleunigt:
* Niedrigere Verbraucherpreise werden über Einsparungen beim Personal "bezahlt".
* Der Bevölkerung fehlt es wegen der niedrigen Entlohnung an Kaufkraft.
* Das führt wiederum dazu, dass viele Menschen Billigprodukte kaufen (müssen).
* Damit steigt der Marktanteil der Billiganbieter weiter an - der Druck auf die anderen, beratungsorientierten Konkurrenten wird größer.
* Dies führt zu weiteren Kürzungen beim Personal. Der Kreislauf schließt sich.
Geiz ist also alles andere als geil!
Dr. Jürgen Glaubitz
(Abteilungsleiter Wirtschafts- und Strukturpolitik, ver.di-Landesbezirk NRW)
Redaktioneller Stand: Februar 2007